(03.11.2001)
Ortschronik Lichterfelde
Von 1900-1945
mit den Schrecken zweier Weltkriege
Im Ergebnis des deutsch-französischen Krieges entstand das deutsche Kaiserreich. Die Schaffung des einheitlichen Staates war für Deutschland ein Fortschritt, der aus über 200 Teilstaaten eine wirtschaftliche und politische Einheit schuf. Trotzdem stellt diese Reichseinigung durch die “Blut- und Eisenpolitik” unter preußischem Diktat von Anfang an die Weichen zu den Ereignissen die das deutsche Volk beinahe zum Untergang geführt hätten.
Schon vor dem Jahrhundertwechsel nahm die industrielle Entwicklung einen schnellen Aufschwung. Im Finowtal konzentrierte sich die Schwerindustrie und der Maschinenbau. Unternehmen wie in der Eisenspalterei das Walzwerk, die Hufeisenfabrik, der Kupferhammer, das Messingwerk, die Papierfabrik in Wolfswinkel, die Chemische Fabrik ?? ,... .existierten schon viele Jahre. Die maschinelle Entwicklung steigerte die Produktivität. Der Bedarf an Industriearbeitern schuf Verdienstmöglichkeiten. Anfang des Jahres 1900 zählte Lichterfelde breits 1050 Einwohner, wovon ca. 20 % Industriearbeiter waren. Mit der dörflichen Abgeschiedenheit war es vorbei. 1902 wurden die Ardelt-Werke in Eberswalde gegründet. Die kleine Eisengießerei von Gerlach u. Krell am Lichterfelder Weg neben der Eisenspalterei wurde von Franz Seiffert gekauft und 1900 durch eine Dreherei ergänzt. Zur Großgießerei entwickelte sich der Betrieb ab1901, um 1902 mit Apparateschmiede u. Tempergießerei, 1903 mit Graugußgießerei u. 1906 mit einer Stahlgießerei. In Heegermühle entstand 1908 das MEW (Märkische Elektrizitätswerke???) am alten Finowkanal. Damit konnten neben den Betrieben auch weitere Teile in u. um Eberswalde mit Elektrizität versorgt werden. Zeitlich gesichertes Einkommen und gute Arbeitsbedingungen ließ Lichterfelde zu einem begehrten Wohnort werden. Die Möglichkeit zur Aufnahme von Krediten, Hypotheken und der Bedarf an neuem Wohnraum veranlaßte einige Industriearbeiter u. Handwerker sich als 2. Standbein für Lichterfelde bisher nicht übliche mehrstöckige Mietshäuser zu bauen. In den Jahren 1904-1913 wurden so die Gebäude ab der Feldstraße genannt -Neue Welt- erbaut. Kurz davor u. auch danach entstanden auch an freien Stellen im Ort durch Neu- und Umbau weitere dieser vorwiegend mit Pappe gedeckten Bauten. Das führte bis zum Jahr 1912 zu einem Einwohnerzuwachs auf 1.565 Bürger. In diesem Jahr gab es 50 Geburten. Als am 1.8.1914 mit der Allgemeinen Mobilmachung der 1. Weltkrieg auch Männer aus unserem Ort abzog, war diese Entwicklung jäh gestoppt. Zu den 9 Millionen Toten am Ende der Niederlage für Deutschland zählten 1918 auch 45 Lichterfelder. Der Krieg endet mit einer Revolution die als Meuterei in Kiel am 1. Nov. begann, am 9. Nov. Berlin erreichte u. am 11. Nov. Deutschland die Kapitulation brachte. Der Kaiser floh ins Exil. Ebert wurde Reichspräsident einer gewollten Demokratie. Schon im Nächsten Jahr kommt es zum Bürgerkrieg in dem Deutsche gegen Deutsche kämpfen, weil den Kommunisten die Demokratie nicht weit genug ging und eine Räterepublik nach dem Vorbild Rußlands (1917) entstehen soll - scheitert jedoch an der Uneinigkeit der Arbeiter. Der von 32 Siegermächten diktierte Frieden verpflichtet zu unakzeptablen Kriegsschuldzahlungen. 1920 sollte bei einem Putsch durch die Soldaten des Generals Kapp in Berlin die Demokratie beseitigt werden. Wieder versuchte Kommunisten eine Entscheidung zu ihren Gunsten zu erzielen. Eine Gedenktafel am Stallgebäude des Schlosses erinnerte viele Jahre in Lichterfelde an diese Zeit.
“Als nach Beendigung des Weltkrieges der Gedanke auftauchte, wieder an den inneren Aufbau und an die Belebung der Wirtschaft zu denken stand auch der Wohnungsbau im Vordergrund, denn während des Krieges hatte die Bautätigkeit fast vollständig geruht. Nur die Industrie hatte ihre Werke durch die ungeheuren Gewinne ganz bedeutend vergrößert, die ihnen damals von Seiten des Staates zuflossen, während der andere Teil der Bevölkerung vollständig verarmte und auch noch seine schwer erworbenen Spargroschen opfern mußte. Durch die Geldentwertung (1922 hatten die Kriegschulden Deutschland in die Inflation getrieben) war es nicht leicht für einen Arbeiter oder kleinen Beamten, sich trotz Staatszuschüsse für den Bau eines Eigenheimes zu entschließen. In dieser Zeit haben wir uns am 17.6.1920 zunächst entschlossen einen Siedlungsverein zu gründen. So schrieb Wilhelm Dänicke als Mitbegründer und Geschäftsführer der dann mit 9 Mann am 8.3.21 daraus hervorgegangenen gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft im Finowtal e.GmbH rückschauend im Jahre 1924 in einem 4-seitigen Manuskript für eine Rede. Da in Lichterfelde große Wohnungsnot herrschte, wurde hierhin zunächst das Arbeitsfeld verlegt. Pachtland der Messingwerke konnte trotz vieler Einwendungen vom Lichtefelder Besitzer, dem Gutsherren Oldenburg Jannuschau nach dem Beitritt zum Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften der Provinz Brandenburg-Berlin mit Unterstützung durch die Regierungsräte Schmidt und Wolfram und später dem Regierungsbaumeister Fritsche käuflich erworben werden. Für die ersten 7 Doppelhäuser wurde neben der finanziellen Sicherung durch die Landbank ein Staatszuschuß bewilligt. Die Firma Hirsch -Kupfer Messingwerke stellten unentgeltlich alte Gebäude und Ruinen zur Verfügung. Jede freie Stunde am Sonntag und im Alltag gab es für die Männer neben dem 10 Stundentag in der Fabrik nur noch Arbeit, ebenso für die Frauen und Kinder . Ende 1921 konnten die ersten Heime bezogen werden. Neben der Bauarbeit mußten noch die zum Grundstück gehörenden 2 Morgen Land bestellt werden. Elf Familien aus Lichterfelde, 5 aus Eberswalde, 5 aus Heegemühle, 1 aus Kupferhammer, 1 Flüchtlingsfamilie aus Tornow und 3 Familien aus abgetretenen Deutschen Gebieten hatten sich bis 1924 ein Eigenheim an der Südseite der jetzigen Steinfurter Allee geschaffen. Ab 1926 begann der Ausbau der Nordseite mit einem etwas größeren Häusertyp. In diesem Jahr wird nur ca. 50 m entfernt ein Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr eingweiht, die sich im Mai 1925 gründete.
Während 1923 der Versuch der Nazis sich an die Macht zu putschen fehlschlägt ahnt niemand wohin diese Bestrebungen noch führen werden. Deutschland tritt 1926 dem Völkerbund bei. Im selben Jahr beschloß der Kreistag zur Linderung der Erwerbslosigkeit Notstandsarbeiten u.a. die Errichtung eines Landjägerhauses in Lichterfelde. Im April des Jahres fuhr das 1. Postauto von Eberswalde zum Werbellinsee. Ein Jahr zuvor wurde die Chaussee Werbellin -Altenhof gebaut und damit Altenhof zu Land für den Ausflugsverkehr der Großstadt Berlin erschlossen. Auf dem See entwickelte sich ein regelmäßiger Bootsverkehr, der auch die Gäste vom Bahnhof Werbellinsee brachte.
Der Verkehr durch Lichterfelde wuchs an. Mit zunehmender Motorisierung stieg der Bedarf an passierbaren Straßen. Die Eberswalder Straße wird 1929 umgepflastert. Auch Lichterfelder Bürger besaßen schon ein Auto.
-Wohnungsfürsorge Haus in Eberswalder Str. 4, Haus d. jetzigen Bauernstube, auch das Gemeindehaus in der Steinfurter Str. entsteht
-1930 Badeanstalt Mäckersee
Seit dem Ende des Krieges hatte die Wirtschaft hohe Wachstumsraten. Sie war inzwischen in der Lage mehr zu produzieren als verbraucht wurde. So beginnt 1929 ihr Abstieg in die Weltwirtschaftskrise mit vielen Unternehmenspleiten. Geldentwertung wirtschaftlicher Ruin von Bauern und Arbeitslosigkeit schufen mit die Grundlagen für das Anwachsen der faschistischen Ideologie. Viele Bürger Lichterfeldes werden sich daran erinnern, wie die aufkommenden Schlägertrupps der SA mit ihren Mitteln für Propaganda sorgten. Schon 1930 wird die NSDAP bei den Reichtagswahlen die 2.stärktse Partei in Deutschland. 1932 war die Arbeitslosigkeit auf 6 Millionen gestiegen. Es kam zur Staatskrise. Im Januar 1933 wurde Hitler zum Kanzler ernannt. Äußerlich ging es danach vorwärts. Autobahnen (1934) wurden gebaut, die Industrieproduktion der großen Betriebe in der Umgebung stieg sprunghaft an. Die Arbeitslosigkeit verschwand, die Bauernhöfe entwickelten sich, die Sorgen schienen beendigt zu sein. Nur wenige glaubten an die mahnenden Worte “Wer Hitler wählt, wählt den Krieg”. Dagegen wollte man mit Phrasen wie “Volk ohne Raum “,”Deutschland über alles “ den neuen Krieg vorbereiten. Sozialdemokraten wie Kommunisten und Gewerkschafter waren zum Schweigen gebracht. Konzentrationslager und Zuchthäuser begannen ihre blutige Arbeit.
In dieser Zeit trat Lichterfelde einen Teil seiner Gebiete für den Bau einer Siedlung an die Stadt Finow ab. Im April 1934 kam es auf diesem Gemarkungsteil zur Grundsteinlegung der Dietrich Eckhard Siedlung.
1936 Berlin Olympia-Hitler bombt in Spanien
1938 Pogromnacht
1940 Erbauung FKM Siedlung ?
1942 industriell betriebener Massenmord?
Kriegstote?
2.Teil Handwerker, Händler, Vereine
Die Anfang des 20. Jahrhundert geschilderten Entwicklungen ließ kleine Dienstleistungsbetriebe, Handwerksgewerbe und Verkaufseinrichtungen aufblühen. So gab es anfänglichst eine Fleischerei, einen Bäcker, eine Schmied, eine Sattlerei, einen Maler, einen Schuhmacher. Doch es wurden zusehends mehr.
Das Haus in der Oderberger Straße 5 war das Schäferhaus vom Schloß. Es ist ein paar mal abgebrannt. 1886 wurde es vom Fleischermeister Friedrich Dähnicke umgebaut und bekam einen Anbau für die Fleischerei mit Verkauf. Als er am 30.01.1900 starb mußte sein 14 jähriger Sohn Fritz in der Fleischerei arbeiten. Fritz schloß am 19.04.1903 seine Gesellenprüfung ab. Mit 27 Jahren erhielt er am 11.04. 1930 seinen Meisterbrief. In den Jahren zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg versorgte die Familie nicht nur die Lichterfelder mit Fleisch und Wurstwaren, sondern auch das Kurhaus in Altenhof. Außerdem führte der Meister bei den Bauern Hausschlachtungen durch und auf Wunsch verarbeitete er alle Waren bis zum Endprodukt. Eine zweite Fleischerei mit Hausschlachtung - oder auch Schlachterei - genannt, war in der Eberswalder Straße 62. Der Besitzer Albert Lehmann, der mit dem Hausbau auch diese Schlächterei erbaute. Bis zum Jahre 1937 war er hier selbständiger Schlächtermeister. Dann verpachtete er das Geschäft dem Fleischermeister Dochow. Das Geschäft wurde bis in die Kriegsjahre von der Familie geführt und dann aufgegeben.
Der Name Dumke ist wohl der bekannteste unter den Schuhmacherhandwerkern des Ortes. Herr Paul Dumke gründete das Geschäft 1918 und hat dieses mit seinem Sohn Albert Dumke bis zum Erreichen des Rentenalters 1968 geführt. Dieses Geschäft befand sich in seiner Gründerzeit in der Eberswalder Str. 7. erst nach dem Neubau auf der Straßenseite gegenüber, zog die Familie Dumke mit dem Schuhmacherhandwerk in dieses Haus. Nach dem Krieg (Herr Albert Dumke wurde 1939 als Soldat eingezogen) kamen zwei Frauen aus dem Ort 1946 auf die Idee, einen Laden zu eröffnen, in dem die Möglichkeit besteht, einen Schuhaustausch durchzuführen. Das waren Frau Agnes Dumke und Frau Käte Paul. Der Schuhaustausch konnte im Jahre 1947 mit der Einführung von Bezugsscheinen erweitert werden. Fortan wurden hier Schuhe zum Kauf geboten.
Von 1931 hatte der Schuhmacher Ernst Ludwig sein Geschäft in der Steinfurter Straße 30. Nach seiner Lehre beim Schuhmacher Wilke (Steinfurter Str. 10) zog er in das Gemeindehaus, um hier die ersten Schritte in die Selbständigkeit zu tun.
Seit dem 1.12.1932 ist in Lichterfelde der Schuhmachermeister Willi Kuhn bekannt. Mit Unterbrechung der Kriegsjahre und nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1945 bestand dieser Betrieb seit mehr als 55 Jahren und wurde noch von dem über 80jährigen selbst geführt.
Zu den schon aufgeführten Schuhmachern gesellt sich noch der Schumachermeister Robert Herfort. Er hat seinen Betrieb 1933 in der Steinfurter Allee 23 eröffnet. Aus Altersgründen gab er sein Geschäft 1964 auf. Einen Nachfolger gibt es nicht.
Berichtet wird, daß ein Tischlermeister E. Schäffer in seinem Haus, Steinfurter Straße 19, bereits Ausgang des 19. Jahrhunderts eine Werkstatt betrieben hat. Seine Frau hatte im gleichen Haus einen Lebensmittel- und Süßwarenladen. Nach dem Tode des Ehepaars Schäffer wurde der Betrieb und auch das Geschäft aufgegeben. Heute dient das Gebäude nur noch Wohnzwecken.
In dem 1908 in der Eberswalder Str. 53 erbauten Haus der Familie Kesten eröffnete Herr Gustav Kesten 1913 einen Tischlereibetrieb. Er verschrieb sich auch der Musik und trat gemeinsam mit Herrn Fischer, auch Herrn Kosanke in die Öffentlichkeit. 1935 gab er vorübergehend die Tischlerei auf und ging in die Fabrik arbeiten. Tischlerarbeiten verrichtete er nur noch gelegentlich für den Ort, der Musik blieb er aber bis ins hohe Alter treu. Hier und da unterrichtete er auch im Klavierspielen.
Mit dem Bau der Steinfurter Allee wurde in den 20er Jahren ein Fuhrunternehmer Frohloff in der Hausnummer 1 ansässig. Aber schon 1933 verkaufte der Besitzer sein Anwesen an den aus Amerika eingewanderten Tischlermeister Georg Vollack. Er fand seinen Weg nach Lichterfelde über Schneidemühl kommend, begann sich hier eine Existenz ausgeführt. Sein Hauptaugenmerk legte er auf die Herstellung von Särgen, wozu er auch ein kleines Sarglager anlegte. Dieses Gewerbe führte Herr Vollack - mit einigen Unterbrechungen - bis ca. 1960 aus. Danach verrichtete er nur noch Gefälligkeitsarbeiten. Jetzt befindet sich dort kein Geschäft mehr.
Der Tischlermeister Otto Woutskowski, öffnete sein Tischlergewerbe 1928 in Finow. Seine guten Arbeiten wurden bald bekannt, denn er galt als "der" Möbeltischler. Der Betrieb erlaubte es Lehrlinge auszubilden. 1945/46 mußte dieser Betrieb schließen, aber Ausgang 1946 konnte Herr Woutskowski, der inzwischen seine Werkstatt in der Eberswalder Str. 61 hatte, wieder erste Arbeiten annehmen. Er spezialisierte sich auf Reparatur - und kleine Gefälligkeitsarbeiten. Dazu sah er seine Aufgabe darin, für Verstorbene die Särge herzustellen.
In der Eberswalder Str. 2 befand sich die 1902 gegründete Sattlerei der Familie Ernst Kiehl. bis zu dem schwierigen Wirtschaftjahr 1923.
Dieses Geschäft übernahm dann der Schwiegersohn Karl Daenicke, der am 29.September 1921 seine Meisterprüfung als Sattler ablegte. Neben dem Werkstattbetrieb, hatte er einen kleinen Laden mit Schaufenster in dem er bis 1945 Artikel verkaufte. Seine Werkstatt führte er bis1966 noch hoch in sein Rentenalter (77 Jahre alt). Der Betrieb fertigte neben Sattlererzeugnissen neue Polstermöbel, reparierte und arbeitete sie auf.
Eines der ältesten Geschäfte war das Heute nicht mehr existierende Fachwerkhaus in der Eberswalder Straße (Standort Kaufhalle). Dort war das Frisörgeschäft der Familie Säbekow, wo neben Haare Schneiden und Rasieren auch das Zähneziehen mit übernommen wurde.
Diese Tradition übernahm der Friseur Karl Beutel im genannten Haus. Das Geschäft wurde später in die Steinfurter Str. 7 verlegt. Sein Sohn Alfred übernahm das Geschäft, das heute nicht mehr besteht.
Der Friseurmeister Fritz Raage betrieb sein Handwerk von 1931 bis 1938 in der Eberswalder Str. 51. Er zog dann in die neu entstandene Friedrich Eckhard Siedlung.
Sein Nachfolger wurde der Friseurmeister Rudi Wagner. Anfänglich nutzte er weiter die Räume in der Eberswalder Str. 51, zog dann nach Fertigstellung des Hauses in die Eberswalder Str. 43 um, wo er das Geschäft bis 1970 führte. Das Geschäft wurde gesundheitshalber aufgegeben.
Mit Entstehung der "Neuen Welt", der erweiterten Eberswalder Straße (Nr.34), entstand auch das Haus des Malermeisters Otto Fischer. Im Jahr 1910 eröffnete er seinen Malerbetrieb. Als Hobby trat er mit mehreren Musikern gemeinsam zu Feierlichkeiten wie Hochzeiten und Vereinsbällen auf. Nach dem Tod des Altmeisters wurde das Geschäft vom Schwiegersohn H. Häckel bis zum Jahr 1972 weiter führte. Danach wurde das Geschäft aufgegeben.
Ein Geschäft des Malerhandwerkes fanden wir um 1925 in der Joachimsthaler Str. 1.Der Meister Max Hollmann führte nicht nur Malerarbeiten aus, es gab dort ein kleines Geschäft zum Verkauf von allerlei Waren.
Die Gärtnerei Voigt entstand von Herrn Paul Voigt im Jahr 1932 in der Steinfurter Allee 52 gegründet. Am 01.04.1949 übernahm der Sohn Gerhard den elterlichen Betrieb, den er wiederum am 01 01.1992 an seinen Sohn Jörg übergab.
Auf dem Berg vor dem Dorf stand eine Windmühle. Er wurde daher Müllerberg und später Mühlenberg genannt. Während des 30 jährigen Krieges wurde die Mühle zerstört, doch später wieder aufgebaut. Diese Windmühle kaufte der Müller- und Bäckermeister Emil Rückert von dem Müller Brachlow Anfang des 19. Jahrhunderts nach seiner Wanderschaft. Um 1920 wurde die Mühle bereits elektrisch betrieben. Ihre Flügel hatte sie durch Witterungseinflüsse und Sturm verloren, so daß diese 1929 entfernt werden mußten. Damit hatte die Windmühle das Recht verloren, sich weiterhin so zu nennen und wurde fortan nur noch Mühle genannt. 1933 / 34 baute der Besitzer die Mühle um und sie bekam dabei einen neuen Wellenkopf. Zur gleichen Zeit richtete der Meister auch ein Geschäft ein. Brot wurde gebacken und zusammen mit Mehl zum Versand gebracht. Das Geschäft und auch der Mühlenbetrieb wurden bis in die Kriegszeit hinein geführt und bereits Ausgang 1946 übernahm ein Verwandter den Mühlenbetrieb und führte diesen bis ca. 1951. Bis auf die Grundmauern trug man die Mühle 1967 ab
Ein Bauunternehmer und Zimmermann Friedrich Ewald wohnte und hatte seinen Betrieb in der Steinfurter Straße 26. Nachdem er sich in der sogenannten "Neuen Welt", jetzt Eberswalder Str. 38 sein eigenes Haus erbaut hatte, verlegte er das Gewerbe auch dorthin.
Das freigewordene Grundstück erwarb eine Familie Feierabend und baute es zu einer Bäckerei aus. Die Bäckerei wurde von der Familie bis 1930 geführt. Danach erwarb das Grundstück die Familie Zippel, die dann das Grundstück dem Bäckermeister Heinz David verkaufte. Letzterer versorgte die umliegenden Gemeinden und Ortsteile täglich mit frischer Back- und Kuchenware. Der Betrieb wurde erweitert und auch Lehrlinge ausgebildet. Ein Brotwagen wurde angeschafft, von einem Pferd gezogen, so fuhr man täglich von Ort zu Ort bis Kupferhammer, oder auch in Richtung Werbellin, dem Üdersee und weiter bis nach Altenhof. Die Bäckerei führte die Familie mit Unterbrechung von 1939 - 1945, der Bäckermeister wurde im Krieg eingezogen.
Eine weitere Bäckerei befand sich in der Eberswalder Straße 45. Der Bäckermeister Willi Sägebarth versorgte die Lichterfelder etwa ab 1910 bis zum Kriegsende. Durch einen Todesfall in der Familie war der Betrieb einige Jahre geschlossen. Aus Altersgründen mußte der Meister seine Bäckerei aufgeben.
Die Bäckerei Buchholz in der Steinfurter Straße 33 ist seit dem Jahr 1913 bekannt. 1936 verstarb der Meister, kurze Zeit später auch seine Frau. Danach führte die Tochter Helene Buchholz mit dem Gesellen Ewald Jesse das Geschäft weiter. Aus Altersgründen gab sie die Bäckerei dann auf.
Um 1920 wurde der Uhrmacher Alfred Sägebarth in Lichterfelde ansässig. Nebenbei reparierte er Fahrräder und wurde auch als Mechaniker bekannt. Anfangs war sein Geschäft in der Eberswalder Str. 37, wurde nach Fertigstellung ( 1937/38) in sein Haus in der Eberswalder Str. 17 verlegt. Dort richtete er sich zu einer Zeit, in der in Deutschland der 1. Computer entstand, eine seinen Verhältnissen entsprechende Werkstatt ein. Bis zu seinem Rentenalter reparierte er Uhren, Fahrräder, Motorräder u. a..
Zu den ältesten Gewerken Lichterfeldes können wir unsere ehemalige Dorfschmiede zählen. Sie war im Besitz des Meisters Haschke. Die Tochter Frieda Jabusch konnte 1933 eine Auszeichnung "100 Jahre Dorfschmiede der Familie Haschke" in Empfang nehmen. Der Nachfolger Fritz Jabusch hat 1938 seine Meisterprüfung als Schmied abgelegt, wurde aber in den Krieg eingezogen. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft arbeitete er wieder in der Schmiede, die zwischenzeitlich von der Mutter geführt wurde. Bis zum Erreichen seines Rentenalters führte er das Gewerbe. Seit dem wird in der Dorfschmiede nicht mehr gearbeitet.
Die Spar- und Darlehnskasse von Lichterfelde führte ab August 1923 der Buchhalter Walter Schüler in der Steinfurter Straße 10. Dieses Amt hat er von Erich Wähl übernommen und führte die Kasse nebenberuflich bis Anfang 1939. Ende 1945 wurde die erste Genossenschaftskasse der BHG (Bäuerliche Handelsgenossenschaft) gegründet, die er wiederum bis zu seinem Tode für Lichterfelde führte. Walter Schüler war auch viele Jahre hindurch Wehrleiter bei der Feuerwehr.
Ludwig Ring, aus der Steinfurter Allee 30 verkaufte ab ca. 1926 Fischerzeugnisse. Man nannte ihn den "Heringshändler". Für kurze Zeit verkaufte er auch Obst und Südfrüchte. Nach dem Krieg war er der erste Eisverkäufer weit und breit. Am Fahrrad ein kleiner Karren angebunden, verkleidet mit Holz und angestrichen, innen zwei Eiskübel zog er mit seiner Bimmel von Straße zu Straße. Obwohl das Eis den heutigen Ansprüchen nicht entsprach, schmeckte es und wurde - für 10 Pfennige pro Kugel - gerne gekauft. Aus Altersgründen gab er das Geschäft auf.
Am 28. 11. 18 77 wird der erste Fernsprecher in Deutschland zwischen dem Postamt Eberswalde und der Postagentur Schöpfurth in Betrieb genommen. Nach Lichterfelde kann jedoch erst viel später telefoniert werden. 1923 sind im OKK mehrere Telefone erwähnt, z.B. eines für den Amtsvorsteher Emil Rasch Fernsprechanschluß Heegermühle Nr.: 54.
Noch Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden die Ortschaften Lichterfelde mit seinen Ausbauten, Werbellin und Altenhof von Eberswalde aus unmittelbar zweimal in der Woche durch einen Postboten zu Fuß mit Nachrichten und Briefen versorgt. 1878 erhielt Lichterfelde eine Postagentur, die bis gegen 1900 durch eine "Hundepost-Verbindung" aufrecht erhalten wurde. Auf einen Handwagen wurden die Postsachen geladen, ein Hund zog diesen von Ort zu Ort. Am 19. Oktober 1880 eröffnete Frl. Schäffer, die Tochter des Tischlermeisters im Hause ihrer Eltern eine eigene Postagentur. Nach 29 Jahren gab sie die Tätigkeit in der Steinfurter Straße 19 auf. Einige Jahre später gab es dann die "Karriolpost". Der täglich verkehrende Postwagen zur Bahnpost ergänzte seit den 30'er Jahren auch den Busverkehr, konnten doch bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg neben den Postsachen bei jeder Fahrt 2 Passagiere transportiert werden.
Luis Wieske wurde am 8. Mai 1908 bei der Post eingestellt. Bis zum 31. März 1914 fuhr er in Brandenburg / Havel die Postkutsche als Postillion. In Lichterfelde fuhr der Postangestellte vom 1.April bis August mit Pferd und Wagen zwei mal am Tag nach Eberswalde, um die Post zu holen. Nachdem er aus der französischen Gefangenschaft zurückkehrte übernahm er den Zustelldienst für Lichterfelde, Buckow, die Orte Werbellin und Altenhof. In der Poststelle Lichterfelde wurde die Post sortiert und mit Unterstützung des Postboten "Werk" aus Altenhof dann verteilt. Auch zu den Ausbauten wurde die Post abgeliefert. 12 Jahre übte Luis Wieske seinen Dienst in diesen vier Ortschaften aus. Seit 1932 ist er für den Ort Lichterfelde zuständig. Auch nach seinem 65. Lebensjahr, das er im November 1953 erreichte, versah er seinen Dienst noch freudig und zur vollsten Zufriedenheit der Lichterfelder Einwohner. Davor nannte man "Mutter Schmidt" in Lichterfelde in Sachen Post als Hauptperson. Sie war die Botenfrau, die allwöchentlich einmal, später dann auch zweimal den Eberswalder Stadt- und Landboten den Bürgern ins Haus brachte. Max Neuendorf wird 1924 als Postagent benannt. Die Agentur befand sich seit 1909 in der Steinfurter Straße 2. Bei Neuendorfs führte Frau Knieling ab Anfang 1930 den Dienst am Schalter.
Eine Vertretung an den Wochenenden übernahm der Schuhmacher Albert Dumke. Er hat von 1933 bis zur Einberufung als Soldat im Jahre 1939 als Nebenerwerb die Post und Zeitungen ausgetragen. Von 1939 bis 1941 übernahm seine Frau diese Wochenendtätigkeit. Zur damaligen Zeit war sie die einzigste Postbotin des Kreises. Als sie aus diesem Postdienst aus gesundheitlichen Gründen ausschied wurde Frl. Gerda Schulz (Dommisch) ihre Nachfolgerin. Etwa 1933 - 1945 brachte der Buslinienverkehr die Post aus Eberswalde mit. In den Kriegsjahren mußte die Postfracht von der Bushaltestelle abgeholt werden, die sich vor dem jetzigen Ordnungsamt befand. Den Postboten standen nur eigene Fahrräder zur Verfügung und bei schlechtem Wetter ging man zu Fuß.
So schwer diese Zeit der Kriegswirren und des wirtschaftlichen Auf- und Ab auch war, wurde doch in Lichterfelde nicht nur gearbeitet. Nach der Arbeit und an den freien Tagen traf man sich und es wurde auch gefeiert. Dazu gab es die Vereine und die Gastlichkeiten.
Vor 1945 gab es drei Gesangsvereine, von denen einer bereits im Jahre 1875 gegründet wurde. Er soll etwa 1933 aufgelöst worden sein. Der Verein absolvierte seine Übungsstunden im Gasthaus Grabs.
Im Gasthaus August Grabs (später Neuendorfs) sang der "Bauernchor" seine fröhlichen Lieder. Dieser Chor war gemischt. Er wurde ab 1914 wieder aufgelöst, da viele seiner Sänger im 1. Weltkrieg als Soldaten auszogen.
Die Gaststätte Lindenberg suchte sich der Chor "Germania" für seine Proben aus. Dieser Chor bestand bis zum Jahr 1945.
Der Kriegerverein "Kyffhäuser" wurde 1872 gegründet und 1918 wieder aufgelöst, denn diesem Verein gehörten nur die alten Kriegskameraden an. , Das Schützenhaus wurde vom Kriegerverein "Kyffhäuser" gebaut und auch der Schützenplatz angelegt und hier wurden Schießwettbewerbe durchgeführt und Schützenfeste gefeiert.
Lichterfelde hatte aber auch einen Arbeiterturnverein, genannt "M.T.V. Lichterfelde" (Männer Turnverein). Geturnt wurde in der alten Turnhalle (auf dem Hof der Gaststätte Marie Grabs), bei schönem Wetter in der freien Natur. Anschließend an die Turnstunden traf man sich zu einem Umtrunk in der Gaststube der Frau Marie Grabs. (Foto v. 7.8.1910). Auf dem beiliegenden Foto ist ersichtlich, daß zu diesem Turnverein auch eine Musikgruppe gehörte. Sie müssen etwas gemeinsames haben, was sich bei den weiteren Nachforschungen bestätigte. Beim Treffen zur Festveranstaltung "100 Jahre Sportbewegung in Berlin" waren auch Sportler des Lichterfelder Vereins beim Festumzug dabei. Die Fahne des Turnvereins trug der Turner Ernst Blankenburg, der selbst aktiver Sportler seit seinem 15. Lebensjahr war. In der Musikgruppe des Sportvereins spielte er auch die Querpfeife.
Die großen Zeiten des Fußballsportvereins "FC Wacker 24 Lichterfelde" begannen erst nach 1927. Vorläufer dieses Vereins, 1922 gegründet, nannte sich Fußballclub "Merkur". Doch er war - aus welchem Grund auch immer - nicht lange lebensfähig.
Man schloß sich 1923 dem Turnverein "Sparta" Lichterfelde an. In dieser Gemeinsamkeit kam es zu gegensätzlichen politischen Gruppierungen und Spannungen, so daß die Fußballer zu ihrem eigentlichen Club zurückfinden wollten und gründeten 1924 den bereits erwähnten "FC Wacker 24 Lichterfelde". Zu den Gründern zählte der jahrelange erste Vorsitzende Kurt Jänicke. Erich Woutskowsky, August Steinhorst, Fritz Weber, sowie die Gebrüder Walter und Erich Hoppe seien hier stellvertretend genannt.
Als erstes Vereinslokal wählten sie die Gaststätte Marie Grabs. Der Fußballplatz in der Messingwerkstraße entstand in den Jahren 1929/30. Bis dahin wurde auf dem Schützenplatz (am damaligen Schützenhaus gelegen - heute Kindergarten) gespielt. Der "FC Wacker 24" gehörte bis zur Auflösung im Jahre 1933 dem Märkischen - Arbeiter - Sportbund an. Die Sportgruppe Fußball nannte sich nach der Auflösung "Sportverein Schlageter" die bis 1945 existierte.
Lichterfelde konnte sich auch noch mit einer Wander - und Mandolinengruppe präsentieren, deren Leitung der Musiklehrer Gründel übernommen hatte. Die Musikgruppe bestand überwiegend aus Jugendlichen und Schülern. Zu den Übungsstunden traf man sich in der alten Turnhalle und auch so manches Mal im Anschluß im Gasthaus. Die Mitglieder wanderten mit Rucksack und kleinen Zelten für die Übernachtung. Gekocht wurde auf offener Feuerstelle.
Doch das waren noch nicht alle Vereine. Junge Menschen gründeten einen Radfahrverein, um die nähere Umgebung kennenzulernen. An freien Tagen, in den Ferien und bei schönem Wetter ging es hinaus in die Natur.
Die alten Männer aus Lichterfelde trafen sich hingegen im "Piepen - Club" bei einem Gläschen Bier.
Zu nennen ist hier auch der Angelsportverein, etwa 1929 wurde er vor dem Krieg gegründet. Ein Herr Jänicke war Vorsitzender bis Hitler die Macht übernahm. Dann verbot man alle Vereine und sie mußten neu gegründet werden.
Von Beginn an war der große Bukowsee das Vereinsgewässer. Damals wurde das Gelände der späteren BEWAG (Berliner Energieerzeugerbetrieb) besucht um Vereinsfeste zu feiern. Der Verein pachtete den Garten an der "alten Mühle" am großen Bukowsee vom 1. April 1939 bis zum 31.März 1950 auf die Dauer von 12 Jahren. Als Pachtpreis waren pro Jahr 20,- Reichsmark zu zahlen. Veranstaltungen wie Anangeln, Wettangeln (Preisangeln) und Abangeln wurden durchgeführt. Im Sommer fanden die Feste draußen am See im Freien statt mit Karussell, Zuckerbude, Aalgreifen und allem drum und dran. Es gab Verlosungen mit Fahrrad und Paddelboot als Preise. 300 Eintrittskarten wurden dafür für Jedermann verkauft, die von überall kamen. Vereinswirtin war Marie Grabs. Sie besaß vertraglich das Ausschankrecht.
Der Verein zählte etwa 30 bis 35 Mitglieder. Als Namen wurden Georg Krebs, Ewald Braun, Gottfried Gerke und Erich Schulz genannt.
Die Gutverwaltung schlug dem Verein vor für den Buckowsee eine Pacht von 600 Mark zu zahlen. Diese Summe sollte durch den Vereinsbeitrag und die Angelkarten (ca. 20,- M; Hechtkarte für den Werbellinsee etwa 60,-M) hereingeholt werden. Verschiedene Berliner gehörten mit zum Verein und brachten auch durch Spenden Geld mit ein. Die hier noch nicht so bekannten ersten Wurfruten wurden von ihnen vorgestellt. Auch aus Finow kamen einige Vereinsmitglieder. Für die Spenden existierte im Verein ein hölzerner Raubfisch als Kiste. Angeln konnte man auch am Kanal und am Werbellinsee, was jeweils eine andere Angelkarte erforderte. Der Vereinsführer war 1939 Herr Kerkow.
Den Buckowsee bewirtschaftete der Fischer aus Werbellin (Klemer). Später stammte der Fischer aus Finowfurt. Der kleine Buckowsee, Üdersee und Britzer See hatten keine Bedeutung für den Verein. Schleisee und Koppelpfuhl waren wilde Gewässer, um die sich niemand kümmerte. Dort konnte jeder auch ohne Angelkarte fischen.